Die Ausstellung ist als Antwort auf die vorhergehende Ausstellung „Die jungen Jahre der Alten Meister“ mit Werken von Georg Baselitz, Anselm Kiefer, Sigmar Polke und Gerhard Richter zu lesen. Was dort an Grundlagen der deutschen Malerei zu sehen war, wird hier nun in die Gegenwart überführt.
Die Ausstellung QUADRO beantwortet beispielhaft die Frage, welchen Vorrat an Formulierungen, Formeln und Symbolen sich die Malerei aktuell geschaffen hat, um uns in figurativen, neo-surrealistischen oder experimentellen Bildern in ihren Bann zu ziehen.
Mit dem Ausstellungsprojekt „Jetzt! Junge Malerei in Deutschland“ haben das Kunstmuseum Bonn, das Museum Wiesbaden und die Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser den Versuch unternommen, den aktuellen Stand des Mediums Malerei zu bestimmen. Ziel war es, einen gültigen Querschnitt durch die junge, in Deutschland entstandene Malerei zu geben und dabei alle Erscheinungsformen des Mediums ohne konzeptuelle oder ideologische Einschränkungen zu berücksichtigen.
Die Deichtorhallen Hamburg präsentieren als vierte Station der Ausstellung eine Auswahl von rund 150 Werken aus dem ambitionierten Projekt.
Nicht erst seit dem Aufbruch der Romantik um 1800 gilt die Malerei in Deutschland als führende Disziplin der Kunst. Die Nation der Malerfürsten des ausgehenden 20. Jahrhunderts treibt bis heute die Entwicklung der Malkunst voran und ist weltweit angesehen. Die vier kollaborierenden Museen, die sich besonders der Malerei verpflichtet fühlen, stellen mit dieser Ausstellung die nächste Generation wichtiger Maler/innen in Deutschland vor.
In den drei parallel im Herbst/Winter 2019 stattgefundenen Ausstellungen in Bonn, Chemnitz und Wiesbaden wurden rund 500 Werke von 53 Künstler/innen ausgestellt, die die Generation der heute Vierzigjährigen repräsentieren. Gezeigt werden Künstler/innen, welche die Malerei im klassischen Sinne als Tafelbild oder als Bild auf der Wand gegenwärtig weiterentwickeln.
Zum ersten Mal seit der deutschen Wiedervereinigung wird mit der Ausstellung der Versuch unternommen, einen möglichst umfassenden Überblick über die gegenwärtige Malerei in Deutschland zu geben. Ohne inhaltliche Beschränkung, jedoch mit Fokus auf klassische Bildtraditionen und deren Befragung wird die Aktualität dieser Gattung überprüft und im besten Falle bestätigt werden.
Baselitz, Richter, Polke und Kiefer – vier weltbekannte Künstler, deren Renommee in der Geschichte der bildenden Künste Deutschlands einzigartig ist. Den Grundstein dafür legten sie mit ihrem Frühwerk, das in den 1960er Jahren entstand – jenem Jahrzehnt der Herausforderungen und Umbrüche, der Utopien und Neuorientierungen, der Reaktion und Rebellion. Die damaligen Provokateure sind heute längst kunsthistorisch etabliert.
Die Ausstellung „Die jungen Jahre der Alten Meister“ in den Deichtorhallen Hamburgbietet einen neuen und umfassenden Blick auf die frühen Werke der heutigen Malerstars. Jeder dieser Künstler hat auf seine Art die damalige ästhetische Vorherrschaft der Abstraktion überwunden und auf individuelle Weise das gesellschaftliche und politische Spannungsfeld der jungen Bundesrepublik in seinen Werken verdichtet.
Alle vier Künstler schufen in den spektakulären 1960er Jahren wesentliche Voraussetzungen für das beispiellose Renommee, das ihnen später national wie international zuteil wurde, und das in der Geschichte der bildenden Kunst Deutschland einmalig ist. Während der ungemein kreativen und produktiven 1960er Jahre legten sie den Grundstein dafür, dass Jahrzehnte danach gerade ihre Werke in den Fokus des
weltweiten Kunstinteresses gerückt sind.
Torsten Ruehle filtert und liniert die Welt. Klassische Interieurs oder definierbare Räume dienen als Handlungsrahmen wie Filmkulissen, die einer klaren Regie entspringen. Eine leicht surreale Atmosphäre wird erzeugt, indem der Szenerie sonderbare Objekte hinzufügt werden, die ein Eigenleben zu führen scheinen.
„Meine Arbeiten zeigen den in fokussierten Ausschnitten inszenierten Blick auf zwei aufeinander treffende Bildwelten: zum einen die Ordnung architektonischer und geometrischer Bildstrukturen, zum anderen die wuchernde Vegetation und ursprüngliche Welt der Pflanzen. Die Bilder weisen die domestizierenden Eingriffe des Menschen in der Landschaft und die Rückformung urbaner Gefüge durch die Natur auf.“ Melanie Siegel
Mit Alex Katz stellt das Museum Brandhorst einen der bekanntesten und beliebtesten Künstler der letzten Jahrzehnte vor. Gefeiert für seine ikonischen Porträts stilbewusster Frauen und für seine impressionistischen Landschaftsdarstellungen, hat der inzwischen 91-jährige Katz Generationen von Malern inspiriert.
Die Sensibilität für vibrierende Oberflächen verbindet er zwanglos mit der Augenblickhaftigkeit der Fotografie – viele seiner Gemälde wirken wie virtuos gemalte Schnappschüsse oder Modefotografien. Nicht zuletzt deshalb gilt Katz als einer der wichtigsten Vorläufer der Pop Art. Mit ihren rund 90 ausgestellten Werken, darunter einige Schlüsselwerke des Künstlers, ermöglicht die Ausstellung einen retrospektiven Überblick über das zeitlose OEuvre seit den 1950er-Jahren bis heute.
Das einzigartige, inzwischen rund 70 Jahre umspannende Werk von Katz widmet sich ganz der Darstellung des Hier und Jetzt und der Unmittelbarkeit der menschlichen Wahrnehmung – ein Bekenntnis zu dem, was der Künstler oft als „painting in the present tense“ bezeichnet hat. Er arbeitet wechselweise im Freien, von fotografischen Vorlagen und eigenen Skizzen und konzentriert sich auf Themen aus seinem unmittelbaren Umfeld: Porträts von Familie (insbesondere seiner Frau Ada) und Freunden, künstlerischen Mitstreitern, aber auch Szenen des geselligen Miteinanders, Architekturausschnitte, Landschaften und Blumen. Überall entfaltet sich Katz’ malerische Virtuosität in produktiver Auseinandersetzung mit der Bildwelt des Films, der Mode und der Werbung.
Die Ausstellung beginnt mit Werken Mitte der 1950er- und frühen 1960er- Jahre, darunter Porträts des renommierten Choreografen und Tänzers Paul Taylor und seines Ensembles, für die Katz zahlreiche Bühnenbilder entworfen hat. In einer Reihe wegweisender Einzel- und Gruppenporträts aus den 1960er Jahren begründet Katz’ seinen unverkennbaren Stil. Gleichzeitig eröffnen sie Einblicke in das soziale und künstlerische Milieu New Yorks. Zwei große Ausstellungsräume mit Landschaften zeigen, wie Katz sich höchst virtuos an der Grenze zwischen abstraktem Gestus und kühlem Realismus bewegt. Die Qualität des Lichts selbst, ob direkt, reflektierend oder diffus, wird in diesen Bildern zu einem zentralen Thema. Einzelne Pinselstriche konturieren Körper und Gegenstände und bewahren doch stets ihren Stellenwert als eigenständige Zeichen.
Die Schau umfasst auch eine Reihe kleiner Bilder, Skizzen und Vorzeichnungen, die teils in direktem Zusammenhang mit den gezeigten großformatigen Gemälden stehen. Sie geben wichtige Einblicke in den vielschichtigen Arbeitsprozess des Künstlers, der sich im Wechselspiel zwischen Kalkül und Spontaneität vollzieht.
Die Londoner Timothy Taylor Galerie zeigt derzeit die neuesten Arbeiten des renommierten amerikanischen Malers Alex Katz. Die Werkserie großformatiger Gemälde nennt sich „Coca-Cola Girls“ – inspiriert von den Coca-Cola-Girls aus der Werbung des Unternehmens von 1890 bis 1960.
Die Coca-Cola-Girls galten als ein Ideal der amerikanischen Frau. Anfänglich wurden sie zurückhaltend dargestellt, dann aber während der Zeit des 1. Weltkriegs und der Ära der Pin-Up-Bilder weiterentwickelt zu Servicefrauen in Uniform und athletischen, sorgenfrei wirkenden Frauen. Präsentiert wurden die Bilder in der Vor-Fernseher-Zeit in Form von Wandabziehbilder und großformatigen Werbetafeln, welche die amerikanischen Stadtlandschaften erheblich prägten.
Für Katz verkörpert diese optimistisch wirkende Figur auch Nostalgie. Katz versucht in diesen neuen Gemälden, Posen des Balletts und Momente dynamischer Sequenzen einzufangen. Dazu hat er eine besondere Renaissance-Technik mit dem Namen „Pouncing“ verwendet: Schablonenartige Figuren auf braunem Papier werden auf die Oberfläche des Gemäldes geklebt. Die Umrisse werden mit einem Werkzeug punktiert und dann Farbe durch die Löcher gedrückt, um die Umrisse zu markieren.
Jedem, der sich keines der 400-750.000 € teuren Originale leisten kann, sei gesagt, dass in Kürze auch eine Druckedition mit Motiven dieser Serie angeboten wird, die in einer Auflage von 60 sicher erschwinglicher sein wird.
Nach drei Jahren Pause präsentiert die Levy Galerie unter dem Ausstellungstitel „Zweifaches Sehen“ wieder aktuelle Werke, genauer gesagt „Photopicturen“ des Hamburger Künstlers Marc Lüders in einer schwarz-weißen Ästhetik.
Marc Lüders, „Figur 60-15-2″, 2018, 93 x 60 cm, Öl auf Silbergelatine Print, Courtesy: LEVY Galerie, Hamburg
Lüders‘ Werke zeichnen sich durch subtile Einbrüche der Malerei in den Bildraum der Fotografie aus. Gemalte, schwebende Objekte und topografisch entortete, realistische Figuren werden in eine anonyme, urbane Landschaft oder einen symbolisch befrachteten Naturraum hineinversetzt. In befremdlicher Weise lösen sie sich in ihrer Durchsichtigkeit mehr und mehr von ihrer temporären fotografischen Umwelt ab.
Marc Lüders, „Figur 861-1-1“, 2018, 71 x 98 cm, Öl auf Silbergelatine Print, Courtesy: LEVY Galerie, Hamburg
Wenn Lüders auf diese eigene Art und Weise einen Illusionismus erzeugt, verweist er damit auf die Flut technisierter Bilder, die uns täglich umspült und ebenso Illusionen vorgibt, die nicht immer dem Realen entsprechen und unser Wahrnehmungs- und Sehverständnis herausfordern.
Marc Lüders, „Objekt 399-8-7“, 2018, 67 x 84 cm, Öl auf Silbergelatine Print, Courtesy: LEVY Galerie, Hamburg
Wie positioniert sich die Malerei in einer Welt, in der sich die Rolle des Bildes grundlegend gewandelt hat? Lange Zeit hatte sie das Monopol auf das große, farbige und wirkungsmächtige Bild.
Matthias Franz – Der Ansager … das Ding wird Komplex, 190 x 140 cm, Kohle und Ölfarbe auf Leinwand, 2017
Matthias Franz – Mysterywalk (Studie), 70 x 70 cm, Kohle und Ölfarbe auf Leinwand, 2018
Matthias Franz – Hasso und Hasso, 100 x 80 cm, Kohle und Ölfarbe auf Leinwand, 2018
Doch dann wurde sie von der Fotografie als neues Leitmedium des Bildes abgelöst. Dennoch blieb die Malerei bis weit in das 20. Jahrhundert das unumstrittene Hauptmedium der Kunst. In den letzten Jahrzehnten hat sich das aber nachhaltig verändert. Die Wahrnehmung der Welt ist multimedial geworden. Auch in der Kunst.
Antony Valerian – Der Belesene, 140 x 120 cm, Tusche und Öl auf Leinwand, 2016
Tim Sandow – Lass uns tanzen, 210 x 165 cm, Leimfarbe auf Leinwand, 2017
Paul Mittler – o.T., 170 x 100 cm, Öl auf Leinwand, 2016
Tim Sandow – Shooting Hoops Bulls, 90 x 120 cm, Leimfarbe auf Leinwand, 2018
Antony Valerian – Four Pines, je 63 x 54 cm, Öl auf Leinwand, 2018
Und doch, ein Blick in Kunstakademien und Ateliers, ein Gang durch Galerien und Kunstmessen genügt, um festzustellen: die Malerei ist, allen Unkenrufen zum Trotz, lebendiger denn je. So auch in Wien, wo der deutsche Maler Daniel Richter seit 2006 an der Akademie für bildende Künste Malerei unterrichtet. Fünf Künstler und eine Künstlerin aus seiner Klasse bespielen die Ausstellung in der Evelyn Drewes Galerie mit einer großen Bandbreite an malerischen Ausdrucksformen und Themen. Dabei zeigen sie auf, dass das gemalte Bild nichts von seinem vitalen künstlerischen Potenzial verloren hat. Im Gegenteil, ihre authentischen wie glaubwürdigen, mit Leidenschaft umgesetzten malerischen Bildwelten lassen erkennen, dass die Malerei wohl immer eine der unmittelbarsten Ausdrucksformen künstlerischer Kreativität und Vorstellungskraft bleiben wird.
Text: Günther Oberhollenzer, Kurator des neuen Kunstmuseum in Krems, der Landesgalerie Niederösterreich und der Ausstellung „Was Malerei bedeuten kann“
Tallal Shammout – Emodjinn 2.0, 147 x 83 cm, Öl und Kohle auf Baumwolle, 2018
Tallal Shammout – Emodjinn v. Chr., 63 x 52 cm, Öl auf Baumwolle, 2018
Tallal Shammout – Bakhour ya Nour, 122 x 56 cm, Kohle, Pastell, Tusche, Holzspäne und Acrylbinder auf Baumwolle, 2018
Liebe Evelyn und lieber Tobias,
herzlichen Glückwunsch zum 10jährigen Galerie-Jubiläum!